Wiedersehen mit alten Bekannten

 

Das Programm des 12. Hamburger Theaterfestivals steht fest – der Vorverkauf hat begonnen

 

 von Heinrich Oehmsen

 

Amphitryon Foto: © Thomas Aurin
 

 

 

Nikolaus Besch hat in den vergangenen Monaten wieder einiges an Kilometern kreuz und quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz zurückgelegt. Als Intendant des 12. Hamburger Theaterfestivals, ist Besch ständig auf der Suche in Sachen Theater, denn er allein stellt den Gastspielplan zusammen und sucht aus. 

Mehr als 100 Premieren hatte er vorab auf dem Zettel, nachdem die deutschen Theater ihre Spielpläne jeweils im Frühjahr für die kommende Saison vorgestellt hatten. 53 dieser interessanten Stücke hat er sich angesehen, sechs verpflichtete er schließlich. Hinzu kommen zwei spezielle Projekte unter den Titeln Zündstoffe und Leseproben. Sein wichtigstes Kriterium bei der Auswahl ist ein „starker Regiezugriff auf einen starken Stoff“, sagt er.

Seit er sein Festival vor elf Jahren auf den Weg gebracht hat, ging es dem Theatermanager immer darum, die stärksten Inszenierungen aus dem deutschsprachigen Raum in Hamburg zu zeigen. Das theaterbegeisterte Publikum in der Hansestadt fährt in der Regel nicht nach Wien, München oder Zürich und selbst Theaterbesuche in Berlin sind für die meisten die Ausnahme. „Da wir aber in Hamburg durch das SchauSpielHaus, die Oper, das Thalia Theater und die vielen hervorragenden Privattheater eine große Konkurrenz in der Stadt haben, versuche ich, nur Stücke einzuladen, die in jeder Hinsicht höchstes Niveau haben“, sagt Besch. Und seine Einladungspolitik ist aufgegangen. Die Zuschauer*innenauslastung lag im Schnitt bei 90 Prozent, im vergangenen Jahr wurde sogar 94 Prozent erreicht – und das, obwohl das Festival kurzfristig vom Herbst in den Frühsommer verlegt worden war und weniger Zeit für die Kuratierung des Programms und auch für Werbung zur Verfügung stand.

In diesem Jahr gibt es ein Wiedersehen mit einer ganzen Reihe von Schauspieler*inne, die in früheren Spielzeiten in Hamburg engagiert waren und die nach Intendant*innenwechseln in andere Städte weitergezogen sind. Wie zum Beispiel Norman Hacker.

Der nackte Wahnsinn
Foto: © Matthias Horn

Von 2000 bis 2009 war er unter der Intendanz von Ulrich Khuon Ensemblemitglied am Thalia Theater, inzwischen ist er an der Wiener Burg gelandet, wo Martin  Kušej inzwischen das Haus leitet. Kušej hat dort Michael Frayns aberwitzige Komödie Der nackte Wahnsinn inszeniert, Hacker und Sophie von Kessel gehören zu den Protagonist*innen für diesen boulevardesken Tür-auf-Tür-zu-Reigen. „Es gibt keine Sekunde zum Luftholen... Was für eine Leistung, wenn verdammt gute Schauspieler*innen verdammt miese Schauspieler*innen spielen“, schrieb die „Nachtkritik“ über die Produktion (29./30. Mai, Deutsches SchauSpielHaus).

Ein Wiedersehen gibt es auch mit einem Trio, das in der Khuon-Intendanz das Thalia Theater entscheidend geprägt hat und ihm dann 2009 nach Berlin gefolgt ist. Maren Eggert und Peter Jordan, auch im wirklichen Leben ein Paar, und Hans Löw spielen August Strindbergs düstere Eheschlacht Totentanz.  Gezeigt wird jedoch keine fertige Inszenierung, sondern eine szenische Fassung, die der ehemalige Thalia-Dramaturg John von Düffel konzipiert und szenisch eingerichtet hat. In der Reihe Leseproben ist das Publikum dabei, wenn die Schauspieler*innen sich Strindbergs Text nähern und kann erleben, wie Charaktere entstehen. Wer weiß, vielleicht wird aus dieser Leseprobe beim Theaterfestival später eine komplette Inszenierung mit diesen Bühnen-Stars (15. Mai, St. Pauli Theater).

 

 

Endstation Sehnsucht
Foto: © Matthias Horn 

Auch Peter Moltzen und Andreas Döhler haben viele Jahre am Thalia Theater gespielt und sind jetzt in Berlin fest angestellt. Beide kommen mit einer Produktion des Berliner Ensembles (BE) nach Hamburg. Michael Thalheimer, ein Regisseur, der ebenfalls häufig in Hamburg gearbeitet hat, hat am BE Tennessee Williams’ Südstaaten-Melodram Endstation Sehnsucht mit Cordelia Wege in der zentralen Rolle der Blanche inszeniert. „Unbedingt sehenswert“, lobte die Berliner Morgenpost, von „beglückender schauspielerischer Präzision“ schrieb der Tagesspiegel (11./12. Juni, Thalia Theater).

Aus der Reihe herkömmlicher Theaterabende fällt auch ein Abend unter dem Titel Zündstoffe. Der Journalist Kester Schlenz interviewt die aus der DDR stammende Sängerin und Schauspielerin Anna Loos. Der Untertitel des Abends lautet Mach dein Ding – über den Mut zu fliehen, zu wagen und sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Die vielseitige Schauspielerin, die 1988 aus der DDR flüchtete, hat sicher eine Menge aus ihrem bewegten Leben und ihrer erfolgreichen Karriere zu erzählen. Unter anderem gehörte sie viele Jahre lang zum Team des Kölner Tatorts, spielte eine große Rolle in der Serie Weissensee und war einige Jahre Sängerin bei der DDR-Band Silly (14. Mai, St. Pauli Theater).

Das Theaterfestival, das in diesem Jahr von April bis Juni läuft, wartet mit weiteren Hochkarätern auf: Ulrich Matthes spielt die Titelrolle in Molières Menschenfeind, den Anne Lenk am Deutschen Theater Berlin auf die Bühne gebracht hat (21./22. April, Deutsches SchauSpielHaus). Vom Münchner Residenztheater kommt eine ungewöhnliche Bearbeitung von Wedekinds Lulu nach Hamburg. Regisseur Bastian Kraft inszeniert das Stück aus der Perspektive dieser Femme Fatale und lässt es von den drei Schauspielerinnen Liliane Amuat, Juliane Köhler und Charlotte Schwab spielen (24./25. Mai, Kampnagel).  Aus Köln gastiert Jean-Paul Sartres Existenzialismus-Drama Die schmutzigen Hände, wieder unter der Regie von Bastian Kraft.  Last but not least kommt einer der populärsten Theaterschauspieler wieder mal an die Elbe: Joachim Meyerhoff ist Amphitryon in Herbert Fritschs durchgeknallter und greller Molière-Adaption. Fritsch hat das Stück an der Schaubühne Berlin in Szene gesetzt, wo Meyerhoff inzwischen zum Ensemble gehört (3./4. Juni, Ernst Deutsch Theater). 

Karten und Infos gibt es bei den jeweiligen Theatern und unter www.hamburgertheaterfestival.de.